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27.05.2019

Verordnungssituation verändert sich – Zahlen, Fakten und Entwicklungen

Anfang Mai 2019 hat der GKV-Spitzenverband die aktuellen Zahlen zur Heilmittelversorgung für das Jahr 2018 veröffentlicht. In der zweiten Jahreshälfte 2018 und Anfang 2019 hat PHYSIO-DEUTSCHLAND mithilfe von Umfragen zur Wartezeit und der Verordnungssituation zusätzliche Analysen für die Physiotherapie durchgeführt. Lesen Sie hier zusammengefasst die wichtigsten Fakten zur finanziellen Situation, dem Fachkräftemangel und der Verordnungssituation innerhalb der Physiotherapie in Deutschland.

Spürbar positive Finanzentwicklung seit dem Jahr 2014

Seit 2014 sind die Ausgaben für Physiotherapie deutlich gestiegen – nämlich um mehr als 30 Prozent. Dies zeigt, dass die Vergütungsanpassungen in Verbindung mit dem Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz (HHVG) positive Auswirkungen haben und die seit April 2017 verhandelten Vergütungssteigerungen in den meisten Praxen auch ankommen. Das ist gut und wichtig so.

Ein Blick auf den Bruttoumsatz je Verordnungsblatt zeigt ebenfalls eine Entwicklung in die richtige Richtung. Lag der Wert Ende 2014 noch bei 134,81 Euro pro Verordnungsblatt, stieg dieser bis Ende 2018 auf 172, 87 Euro. Das ist eine Steigerung von 28 Prozent. Mit den im Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) beschlossenen Anhebungen auf die Bundeshöchstpreise wird es zum 01. Juli 2019 zu weiteren spürbaren Erhöhungen kommen.

Im Herbst beginnt PHYSIO-DEUTSCHLAND gemeinsam mit den weiteren physiotherapeutischen Verbänden dann die neuen bundesweiten Verhandlungen der Vergütungen. Im Fokus dieser Verhandlungen stehen u. a. dann die Personal- und Sachkosten für den Betrieb einer Praxis bei der Vergütungskalkulation. Damit können wir erstmalig eine wirtschaftliche und leistungsgerechte Vergütung und deren kontinuierliche Weiterentwicklung gegenüber den Kostenträgern durchsetzen. In einem neuen Bundesrahmenvertrag können darüber hinaus weitere Erleichterungen verhandelt werden.

Verordnungsrückgänge erkennbar, Gründe dafür sind fraglich

Von Mitte Februar bis Ende März haben sich 1.502 Praxen der Umfrage von PHYSIO-DEUTSCHLAND zur Verordnungssituation beteiligt. Etwa 40 Prozent der teilnehmenden Praxen haben einen Verordnungsrückgang in den Jahren 2017 und/oder 2018 festgestellt. Betroffen vom Rückgang waren vor allem Maßnahmen aus der physikalischen Therapie wie Wärme, Massage, Elektrotherapie, aber auch Manuelle Therapie und Manuelle Lymphdrainage. Die Ursachen für diese Rückgänge müssen diskutiert werden! Denn es ist aktuell fraglich, ob diese durch Zielvereinbarungen zwischen Krankenkassen und Ärzten, fehlende Behandlungskapazitäten seitens der Physiotherapeuten (Stichwort Fachkräftemangel) oder inhaltlich (Stichwort Evidenz) erklärbar sind. Eine Auswertung unserer Umfrage finden Sie hier. Bereits das Wartezeitenbarometer 2018 hat in einem halbjährigen Betrachtungszeitraum gezeigt, dass etwa 70 Prozent der knapp 6.400 Teilnehmer der Befragung fortlaufend Arbeitskräfte für ihre Praxen suchen. Besonders im Dezember 2018 sind die Wartezeiten durch fehlende Kapazitäten sprunghaft angestiegen. Tatsache ist: Der Fachkräftemangel nimmt seit Jahren zu.

Starke Zunahme des Fachkräftemangels seit dem Jahr 2016

Die Zahlen der Bundesagentur für Arbeit untermauern eine stetige Verschärfung des Fachkräftemangels in der Physiotherapie speziell seit dem Jahr 2016. Schon im Jahr 2016 gab es in 7 von 16 Bundesländern einen nachgewiesenen Fachkräftemangel in der Physiotherapie. Ende 2018 meldeten bereits 12 von 16 Bundesländern einen akuten Fachkräftemangel und in 2 weiteren Bundesländern besteht ein Engpass an Physiotherapeuten. Damit ist der Fachkräftemangel bundesweit und flächendeckend als versorgungsgefährdend einzustufen.

Fazit für PHYSIO-DEUTSCHLAND

Für PHYSIO-DEUTSCHLAND ist ganz klar: Steigende Ausgaben im Heilmittelbereich aufgrund von Preissteigerungen dürfen nicht durch einem von den Krankenkassen und einzelnen Kassenärztlichen Vereinigungen gesteuerten Verordnungsrückgang konterkariert werden. Denn: Ein gesteuerter Verordnungsrückgang würde im krassen Gegensatz zu dem morbiditäts- und mortalitätsbedingten, steigenden Bedarf an physiotherapeutischer Versorgung in Deutschland stehen.

Tatsache ist, die Attraktivität des Berufes muss weiter gesteigert werden. PHYSIO-DEUTSCHLAND bereitet sich deshalb intensiv auf die kommenden Vergütungsverhandlungen vor und fordert darüber hinaus weitergehende Schritte von der Politik wie zum Beispiel eine bundesweite Regelung für eine kostenfreie Ausbildung, eine mittelfristige Umstellung auf eine hochschulische Ausbildung und eine Entlastung der Berufsangehörigen von übermäßiger Bürokratie.

Mit der Einführung der Blankoverordnung in die Regelversorgung erhalten Physiotherapeuten einen größeren Gestaltungsfreiraum bei der Auswahl und Frequenz der erforderlichen Therapie. Die Verhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband über die genaue Ausgestaltung der Blankoverordnung stehen ebenfalls an. Aber auch der Direktzugang ist für PHYSIO-DEUTSCHLAND nicht vom Tisch. In zahlreichen Ländern hat er sich bereits bewährt durch eine hohe Patientenzufriedenheit. Deshalb fordert PHYSIO-DEUTSCHLAND die Politik auf, Modellversuche zum Direktzugang gesetzlich zu verankern.

Zahlreiche Maßnahmen erhöhen in Summe die Attraktivität unseres Berufes und schaffen Rahmenbedingungen, die dazu beitragen, dass Physiotherapeuten in ihrem Beruf verbleiben und junge Menschen wieder stärker als in den letzten Jahren in diesen Beruf einsteigen.

Es gibt noch viel zu tun, aber die Richtung stimmt. PHYSIO-DEUTSCHLAND wird nicht lockerlassen und sich in Gesprächen mit Entscheidern der Politik und den Kostenträgern für weitere Verbesserungen einsetzen.